Ein Organisationstalent geht von Bord
Unter Gerhard Konermann wurde aus dem kleinen DRK-Kreiskomitee mit rund 30 hauptamtlichen Kollegen der DRK-Kreisverband Rügen-Stralsund mit 900 Mitarbeitern und hunderten Ehrenamtlern. Zum Ende des Jahres 2019 übergab er den Staffelstab.

Gerhard Konermann wäre wohl nirgendwo so fehl am Platz wie in einem Kasino. Nicht weil ihn das große Geld schreckt. Immerhin macht der DRK-Kreisverband Rügen-Stralsund, an dessen Spitze er als Vorstandsvorsitzender und Geschäftsführer steht, einen Umsatz von 40 Millionen Euro pro Jahr. Aber der 69-Jährige ist alles andere als eine Spielernatur. Verlässlichkeit und Sicherheit sind die Eigenschaften, die die Menschen in seiner Umgebung vermutlich am meisten an ihm schätzen. Ein gesundes Risikobewusstsein sei völlig ausreichend, findet Konermann. Ja, früher, da habe ihm das eine oder andere Millionenprojekt im wahrsten Sinne des Wortes den Schlaf geraubt. Und mit dem futuristischen Neubau der Kindertagesstätte in Garz haben die Rügener Rotkreuzler etwas gewagt, wovon andere eher die Finger gelassen hätten. Doch auch dieses Experiment ist geglückt.
„Von nüscht kommt nüscht“, sagt der DRK-Chef von Rügen und Stralsund, „Man muss was für sein Leben tun.“ Er hat was aus sich, aus seinem Leben und aus dem einstigen Rügener DRK-Kreiskomitee gemacht. Hier hatte der gebürtige Ibbenbürener 1982 angefangen, nachdem er zuvor im Krankenhaus der damaligen Kreisstadt Bergen als Kraftfahrer und später – wegen seines schon zu der Zeit erkennbaren Organisationstalents – als Fuhrparkleiter gearbeitet hatte. Beim DRK der Insel wurde ihm die Einsatzleitung im Bereich Krankentransport übertragen.
Dass er in der „wilden Wendezeit“ Geschäftsführer wurde, hat er nicht zuletzt auch den Kollegen zu verdanken. Sie machten ihn zu „ihrem Kandidaten“, weil sie sein Engagement und sein Fachwissen schätzten. Letzteres hatte er sich in der Praxis und während eines Studiums an der Fachschule für Gesundheits- und Sozialwesen angeeignet, machte 1996 dann sein Diplom als Leitungskraft für Ämter und Verbände.
Vieles könne man lernen, soziale Kompetenz nicht, sagt der Geschäftsführer. Er habe vor Entscheidungen immer die Argumente der anderen gehört und sich nicht immer durchsetzen können. Wäre es nach ihm gegangen, hätte der fusionierte Kreisverband Strelasund geheißen. „Aber die Mehrheit wollte einen anderen Namen. Das muss man akzeptieren.“ Der Kreisverband Rügen-Stralsund hat fast 900 Mitarbeiter; dazu kommen noch hunderte aktive Ehrenamtler und 3500 Fördermitglieder. Dass er eine solche Kogge sicher steuern kann, liegt hauptsächlich an der Mannschaft. „Ohne gute Leute bist du eine Null.“ Sich für hilfebedürftige Menschen einzusetzen und dabei wirtschaftlich zu arbeiten – das macht für ihn die Stärke des Kreisverbandes aus. Zum Ende des Jahres übergab er den Staffelstab an seinen Nachfolger. Das DRK auf Rügen und in Stralsund sieht er gut aufgestellt: Alle Einrichtungen sind saniert oder wurden neu gebaut, wirtschaftlich steht der Kreisverband auf gesunden Füßen. Das mag mancher mit einer Spur von Neid beäugen. „Man sollte aber nicht nur die prächtigen Rosen im Garten sehen“, mahnt Konermann, „sondern auch den Spaten, der daneben steht.“
Autor: Maik Trettin, OSTSEE-ZEITUNG
Bild: Julia Stange, ap Marketing