Mit Rolli im Reitstall
Die Bewohnerinnen und Bewohner der Pflegeeinrichtung des DRK-Kreisverbandes Rügen-Stralsund e.V. in Glowe sind geistig und körperlich stark eingeschränkt. Ohne fremde Unterstützung und Pflege können sie ein Leben, wie wir es kennen, nicht bestreiten. Um ihnen den Alltag so angenehm wie möglich zu gestalten, steckt das Team der Einrichtung viel Herzblut und Kraft in die Arbeit mit ihren behinderten Schützlingen. Eines der monatlichen Highlights: der Arbeitseinsatz auf dem Pferdehof in Viervitz. Wir waren einen Tag lang dabei.
Aufregung macht sich breit in der Pflegeeinrichtung in Glowe. Für vier Bewohnerinnen und Bewohner geht es wieder auf den Pferdehof. Gestärkt, mit gepackten Taschen und voller Vorfreude warten Daniel, David, Bernd, Silvia sowie Ergotherapeutin Jenny Groth-Gips und Betreuungsassistentin Martina Krumm auf den Fahrdienst, der sie ins etwa 30 Kilometer entfernte Viervitz bringt. Seit April 2021 läuft dieses besondere Projekt und zaubert allen Beteiligten immer wieder ein Lächeln ins Gesicht. „Es ist die beste ganzheitliche Therapie, die manch verloren geglaubte Bewegungen und Reaktionen aus den Gehandicapten herauskitzelt“, so Jenny Groth-Gips.
Zwei weitere Helferinnen stoßen auf dem Pferdehof dazu: Synke Winter, Physiotherapeutin und Initiatorin des Ganzen, sowie Katrin Kasper mit Hündin Lara, die eigentlich in der DRK-Pflegeeinrichtung Sassnitz arbeitet und hier ehrenamtlich unterstützt. Es ist offensichtlich: Alle sind hoch motiviert und mit Begeisterung dabei. Erste Aufgabe, die allen bereits bekannt ist: Stall ausmisten, fegen und in den Ställen klar Schiff machen. Bernd, der eigentlich auf den Rollator angewiesen ist, schnappt sich die Schaufel und gibt alles – jeder eben so gut, wie er oder sie kann. Auch Silvia ist mit Feuereifer dabei. Synke zeigt ihr, wie sie trotz Rollstuhl und ihrer Einschränkung ebenfalls mit anpacken kann. Hündin Lara sorgt für viele Lacher zwischendurch. Lammfromm lässt sie alles mit sich machen und landet kurzerhand auf der Schubkarre mit frischem Stroh. Die Stimmung ist bestens. Neben den praktischen Tätigkeiten lernen die Bewohnerinnen und Bewohner das Leben auf einem Reiterhof kennen und erfahren, was notwendig ist, um ein Pferd zu versorgen. Jenny Groth-Gips erzählt: „Sie dürfen nicht nur mit anpacken, sondern lernen im Laufe der Zeit auch die Futtermittel oder das Reitzubehör kennen. Am Ende winkt als Belohnung ein kleiner Reitpass.“
Die Aufregung steigt, als endlich das Pferd zum Einsatz kommt: David und Silvia dürfen führen, einmal den Hof rauf und runter. Danach geht es ans Striegeln. David kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus und verwöhnt das Tier mit Streicheleinheiten. Auch Physiotherapeutin Synke Winter freut sich: „Die Arbeit auf dem Hof fordert Alltagsbewegungen ab und fördert gleichzeitig das Gleichgewicht, die Koordination und den Muskelaufbau. Zusätzlich werden Bewegungsabläufe erweitert, die so im normalen Alltag gar nicht stattfinden. Doch die Zeit hier bewirkt nicht nur in dieser Hinsicht Positives. Sie tut auch dem Herzen gut.“
Kurz vor Feierabend werden noch einmal ordentlich die Ärmel hochgekrempelt. Es geht in den Reitstall. Graben, Wässern und Entstauben – jeder erhält unter Anleitung eine Aufgabe. Hier ist sich keiner zu schade. Selbst diese Tätigkeiten werden mit einem Lächeln erledigt. Als Belohnung gibt es am Ende für alle leckere Pizza. Gegen 13 Uhr geht es heimwärts. Schon bald steht der nächste Besuch auf dem Pferdehof an. Dann in anderer Konstellation. Bis Ende Oktober läuft die Kooperation zwischen der DRK-Pflegeeinrichtung Glowe und dem Hof Viervitz noch. Dann geht es hoffentlich mit neuen finanziellen Mitteln in ein weiteres Jahr voller Reiterhof-Abenteuer.